Im stillgelegten Flughafen Berlin-Tempelhof fand vom 21. bis 26. August 2012 die „Campus Party Europe“ statt, ein jährliches Netzwerktreffen der Entwickler, Hacker und Gamer. 1997 wurde die Konferenz in Spanien ins Leben gerufen und findet seither immer wieder neue Austragungsorte, vorwiegend im spanischsprachigen Raum. Headquarters gibt es mittlerweile aber auf dem ganzen Globus, auch in Deutschland.
Ausgelegt war der Event in Berlin für tausende von Teilnehmern. Auf der Website prangt ein fetter Schriftzug „Capacity 10.000“ und darauf in Rot das „sold out“. Ganz so viele sind es zumindest Samstag Nachmittag aber nicht, die sich in den XXL-Dimensionen des ehemaligen Flughafens tummeln.
Gesponsert wurde der Event mit dem Schwerpunkt digitale Innovationen von den global Playern der Branche. Das ergab einen ganz eigenen Mix aus nerdigem Individualismus und Business Mainstream, Marketing Sprech und Cluetrain Pioniergeist.
Angeblich waren es Teilnehmer, die mit vielen kleinen Post it’s auf einer Containerwand dieses hübsche Logo für die Campus Party zusammen gepuzzelt haben...
Meine Zeit war zu kurz für einen umfassenden Überblick über das vielfältige und mehrfach gelayerte Geschehen. Daher hier einfach ein paar subjektive Snapshots...
Da gab es Pitches für Startups…
...das geistige Rüstzeug bekam man gleich mit dazu auf den Weg.
Ein bequemes Sitzkissen, das Notebook als Schreibtischersatz salopp auf dem Schoß - fertig ist das mobile Büro. Mit der richtigen Idee geht’s auch Bottom-up zum Erfolg…
Ich hörte interessante Vorträge...
... z.B. über open collaborative Searching Maschines und Provider unabhängigen Webaccess, über den Vorteil der Cloud gegenüber installierter Software und über 3D-Drucker, die nicht mehr nur Objekte drucken sondern ganze Maschinen und sich auf diese Weise selbst vermehren.
Bei einer Demo der finalen Version von Windows 8 erfahre ich, dass man künftig zwischen einem traditionellen Desktop Interface und einer dem Smartphone ähnlichen Oberfläche namens „Metro“ flexibel hin- und her switchen kann und dass Microsoft die Veröffentlichung von Windows 8 für Mitte Oktober plant.
Nach so viel richtungsweisendem Input brauche ich einen Slow-down...
Auf einem Fleckchen Grün kickt gerade ein Roboter vor sich hin. Ambitioniert nimmt er Schwung, doch der Fuß geht ins Leere. Einmal, zweimal, dreimal… Irgendwann trifft er schliesslich doch den Ball. Tor! Die lahme Ente von Torwart ließ ihn unbeteiligt passieren, wirft sich aber hinterher theatratisch hin. Aller Anfang ist schwer, für nen Roboter Kicker umso mehr…
Ich will gerade aufbrechen, da läuft mir ein Ausserirdischer über den Weg. Er heisst David Perks (UK) und studiert Filmproduction in UK. David erklärt mir, dass sein Head-Set in alle Richtungen aufzeichnet. Er experimentiert damit für seinen Masters of Technology. Jetzt werde wohl auch ich gefilmt. Hello World!
Etwas nerdig und monokulturell: 90% der Campus Party Teilnehmer sind Männer zwischen 20 und 40. Als ich auf dem Weg zum Ausgang einen Computer, eingebaut in den Korpus einer vollbusigen Fantasy-Puppe entdecke, wird mir klar: Es liegt wohl nicht allein am Thema, sondern auch an den Role Models in den Köpfen der Jungs ;-)
Montag, 27. August 2012
"Campus Party Europe" in Berlin
Mittwoch, 1. August 2012
"The Future Archive" - MIT
Lichtobjekt (Ausschnitt) - Olafur Eliasson
Am Sonntag war ich kurz entschlossen bei der Finissage der Veranstaltungsreihe "The Future Archive" im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.). Seit Anfang Juni gab es dort mehrere Events zu diesem Schwerpunkt. Schade, ich habe keines davon mitbekommen und konnte auch keine Dokumentation der einzelnen Veranstaltungen finden. Ich weiss ja nicht, was ich versäumt habe, aber das Thema ist brandheiss, beginnt doch Cloud-Computing gerade unsere bisherigen Kulturen des Archivierens völlig auf den Kopf zu stellen.
"Black Film" (1965-69, Snapshot) - Aldo Tambellini
Vor Ort gab es von der Kuratorin der Reihe "The Future Archive", Prof. Ute Meta Bauer (Massachusetts Institute of Technology, Cambridge|USA), eine Einführung in das begleitende Ausstellungsprojekt. Es greift künstlerische Ansätze der 1970er und 1980er Jahre aus dem Kontext des Center for Advanced Visual Studies am MIT auf und zeigt, wie aktuelle interdisziplinäre Positionen künstlerisch darauf reagieren.
Kochkunst - Dieter Froelich
Am gleichen Arbend war Sommerfest des n.b.k. Für das kulinarische Begleitprogramm stand man bei netten Gesprächen und smarten Temperaturen draussen im Innenhof in der Schlange und wartete, bis die Kochkunst von und mit Dieter Froelich und seiner "Restauration a.a.O" einen Output in Puddingform produzierte. Auf dem Speiseplan standen "Fleischpudding mit Cumberland-Sauce" und "Steinpilzpudding mit flüssiger Butter".
"Restauration a.a.O." - Dieter Froelich
Um 20 Uhr wurde ich von der ziemlich sinustonlastigen Klangperformance von Florian Hecker (Wien) nochmal ordentlich durchgerüttelt. "Das ruft Hörwahrnehmungen hervor, die nicht auf realen Tönen basieren", erfuhr ich von Robert, dem Kurator des Sound Acts sinngemäß. Ich musste an die beeindruckenden Performances des amerikanischen Soundkünstlers Z'EV, an die Glenn Branca Band und andere ohrenbetäubende Kunst- und Erkenntnisformen der letzten Jahrzehnte denken und was wohl damals mein Trick war, dass vordergründige Ohrenpein zum Kunstgenuss wurde.